Der Wahrheitskampf in unserer Zeit

Spaltungskräfte in der Gesellschaft

Die letzten Jahre haben uns eine grosse Menge von Themen gebracht, die eine Art von Spaltungskräften durch die ganze Menschheit hindurch erzeugten. Kommunikativ geschah ein Prozess, der harte Fronten aufbauen liess. Noch wenige Jahre zuvor, kamen diese Kräfte kaum oder nur geschwächt zum Vorschein. Hatte man über ein bestimmtes politisches, kulturelles oder soziales Thema eine andere Meinung, dann konnten auch damals schon harte Fronten entstehen. Sie durchzogen aber nicht im gleichen Mass die Menschheit als Ganzes. Die Themen waren indifferenter, vielfältiger und zerstreuter. Die gegenwärtige harte Front ist die Folge einer Zentralisierung der Meinungshoheit in im Wesentlichen zwei gegensätzliche Strömungen.

Es entstand in jedem Menschen eine Disharmonie. Das Feld, auf dem der Streit ausgetragen wird, liegt nicht mehr nur ausserhalb bei irgendwelchen Politikern oder Medien, sondern es wird verinnerlicht und existentiell für jeden Einzelnen. Der Riss geht durch die Seele jedes Einzelnen. Wir agieren auf drei Ebenen, der Ebene des Willens, der Ebene der Gefühle und der Ebene der Gedanken.

Viele Menschen haben sich nie intensiv mit den aktuellen Themen beschäftigt. Sie haben sich weder mit Virologie noch mit Klimatologie oder mit Geopolitik beschäftigt. Sie stehen dem einen oder anderen Thema aber dennoch meistens nicht neutral gegenüber. Man hat im Laufe seines Lebens verschiedene Stadien durchlaufen, Gedanken verfolgt, Erfahrungen gemacht. Dadurch wurden wir alle in gewisser Art und Weise konditioniert. Die Konditionierung drückt alles nach unten in diesen Willensbereich. Wir haben uns vielleicht in der Jugendzeit einmal Gedanken gemacht über ein Thema. Je nach Charakter und Temperament, je nach sozialer Eingebundenheit oder Vorprägung, kamen wir zu bestimmten Urteilen. Wir verteidigten diese Urteile viele Jahre gegen andere, die uns entgegentraten: Umweltschutz war uns sehr wichtig, oder Umweltschutz war uns nicht wichtig.

Wir können jedes andere Thema und seine Antithese nehmen. Je nach eigener psychischer Struktur haben wir die eine oder andere Haltung eingenommen. Was wir als Gedanke einmal darüber gedacht haben, sackte im Laufe der Jahre oder gar Jahrzehnte in den dunkleren Gefühlsbereich hinunter. Selbst dort wurde es vielleicht zunehmend beiseitegeschoben, weil wir unter den Gefühlen gelitten haben. Man nennt es die Verdrängung.

Konditionierung

So kommt es, dass wir mit der Zeit in vielen Fragen des Lebens und der Gesellschaft aus einer tiefen, dunklen Sphäre heraus reagieren, wenn plötzlich gewisse Themen, vielleicht in einer anderen Gestalt verpackt, wieder auftauchen. Nehmen wir das Beispiel Hygiene: Wir sind entweder sofort getriggert und gehen in Deckung, weil wir einmal gelernt haben, dass Viren sehr gefährlich sind. Unser Vater war vielleicht Arzt oder die Mutter Krankenschwester und er/sie hat uns das schon im Kindesalter eingeimpft. Das Thema sackte ab in den Willensbereich. Nun kam Corona, und wir waren entsprechend schon auf Abwehr festgelegt. Entsprechend haben wir kritiklos alles hingenommen, was man verordnet hat. Wir haben es nicht neu gedacht, sondern waren aus einem tiefen, konditionierten Empfinden heraus determiniert. Dasselbe passierte in der entgegengesetzten Richtung.

Ein Zusammenkommen oder eine Auseinandersetzung mit einer Thematik ist in diesem Kontext sehr schwierig, weil es eine gewisse Arbeit an sich selbst voraussetzt. Dadurch entstanden auch bei weiteren Themen, die auf das Eine folgte, ähnliche Konsequenzen zu erwarten. Federführend dabei war eine gewisse «Maschinerie», die sich dies relativ klug zunutze machte. Gemeint sind Methoden der Massenhypnose, die hauptsächlich durch die Massenmedien gefördert und beschleunigt wurden. Letztendlich war es eine Frage des Vertrauens in unsere Regierungen und deren Sprachrohr, den Medien.

Auf der Ebene der Gedanken wurden viele Stimmen von Wissenschaftlern laut, die sich ihrerseits sowohl auf der einen, wie auch auf der anderen Seite positionierten. Ein Beitrag von einem Schweizer Blogger mit Namen «Zeidgenosse» recherchierte z.B. die Entwicklung des Ukrainekonfliktes seit den 90er-Jahren, bis es zum Krieg mit Russland kam. Dabei stellte er auf sehr kluge Weise eine Kette von Argumenten aus der Geschichte auf, die sich klar auf die Seite der Ukrainer und vor allem der NATO positionierte. Man konnte nicht zum Vornherein abweisen, was er vorbrachte, auch wenn seine geschichtliche Betrachtung mehr faktenbasiert und wenig Motivbasiert war. Stellte man dann diesem Statement die Argumentationskette von Daniele Gansers Sicht auf die Dinge gegenüber, war man überrascht. Auch dieser Vortrag war nicht einfach abzuweisen. Hier konnte man anschaulich feststellen, wie sich zwei verschieden denkende Menschen mit derselben Sache in unterschiedlichster Weise auseinandersetzten. Was eher selten vorkommt in den letzten Jahren war ein Disput auf sachlicher Basis. Weniger wünschenswert war, dass die eine Sichtweise (Zeidgenosse) massiv von Medien und Staat gefördert wird und die andere Sichtweise (Ganser) diffamiert, dementiert und mit massiven Vorwürfen ins Lächerliche gezogen oder sogar verboten wird.

Was ist Wahrheit?

Aus diesem Erlebnis heraus wurde mir eines klar: Der Grundimpuls, auf dem ein Mensch aus seiner Geschichte heraussteht, ist massgebend. Jeder kann sich auf dieser Basis eine Kette von Argumenten schaffen, die in sich schlüssig ist und diese auch belegen. Am Schluss hat man jedoch das Gefühl, es bleibt vieles im Dunkeln. Der eine hat diese Dokumente herangezogen, der andere jene. Dies immer aufgrund eines bestimmten Vorgefühls. Und jetzt kommt das Wesentliche: Beide haben sich vermutlich im tiefsten Kern ehrlich und redlich um Wahrheit bemüht. Und beide Gesichtspunkte können stimmen oder in sich schlüssig sein. Aber ist es die absolute Wahrheit? Wie kommt man zur Wahrheit?

In der Mathematik ist das relativ einfach, man rechne: wie viel ergibt 3 x 4? Würde jemand behaupten, es gäbe 10, dann würden kaum Zweifel entstehen darüber, ob er recht oder unrecht hat, es sei denn man kann nicht rechnen. In der Geschichte aber berufen wir uns immer auf gewisse Dokumente! Bis vor etwa 100 Jahren waren dies ausschliesslich Printdokumente. Wie leicht ist es für einen Staat, vor allem für die Siegermächte eines Krieges, diese zu fälschen! Was bleibt noch als Wahrheit übrig? Heutzutage sind es, nebst den Printmedien, Radio und Fernsehen und natürlich das Internet. Es ist nicht mehr so leicht möglich, Dokumente zu fälschen! Jeder, der Zugriff hat, kann diese kopieren und speichern! Ein Betrug kann somit schnell aufgedeckt werden (Whistleblower). Es gibt auch Archive, in denen Originaldokumente geschützt und gespeichert sind. Zu denen haben aber nicht alle einen Zugang.

Die andere Art gewisse Wahrheiten zu kennen, ist die reale Zeugenschaft vor Ort. Was ein Einzelner oder eine Gruppe von Menschen so erfahren und erleben, hat einen gewissen Wahrheitsanspruch. Aber auch dieser muss relativiert werden, weil die Wahrnehmung der Menschen nicht immer konform geht. Das gleiche Erlebnis wird unter Umständen anders interpretiert! Und schliesslich gibt es noch sprachliche Barrieren. Auch die Erkenntnis vom inneren Wesenscharakter eines Volkes oder einer Ethnie muss durschaut werden, um auf die Motivebene vorzustossen. Darüber könnte man sehr viel sagen. Eine Andeutung muss hier genügen!

Neue Bewusstseinsstufen

Wir kommen schliesslich zu dem Ergebnis, dass wir zwar auf drei Ebenen: dem Willen, dem Gefühl und dem Denken, zu Meinungen finden können. Die Meinungen können einen Wahrheitsgehalt haben, je nach dem mehr oder weniger. Die Meinungen können gute Absichten und Ehrlichkeit ausstrahlen, aber es bleiben am Schluss dennoch Meinungen. Niemand kann sich auf diesen Ebenen zu einer alleinigen Wahrheit aufschwingen! Das heisst aber nicht, dass es keine Wahrheit gibt! Die Frage ist nur, ob die Wahrheit, wie sie sich sozusagen in der Mathematik «nackt präsentiert» , ob diese Wahrheit auch in Nichtmathematischen Bereichen angewendet werden kann.

Wie ich versuchte darzustellen, tut es die Meinung nur bedingt, da wir unterschiedliche Werkzeuge dafür benützen, uns eine solche zu bilden. Der Wille geht hinunter in den Schlafbereich. Über ihn haben wir keine bewusste Macht, solange wir nicht dafür geschult sind. Das Gefühl lebt mehr im Traumbewusstsein oder in Zwischenbereichen zwischen Traum und Schlaf. Auch darüber haben wir mit unserem normalen Bewusstsein keinen Zugang. Weil nun die meisten Erfahrungen in unserem Leben auf Konditionierung, Phrase, Routine und Konvention beruhen, kommen wir mit den Urteilen auch nicht über die Schwelle des Traum- und Schlafbewusstseins hinaus!

Der ehrliche Wissenschaftler, der sich bemüht, Fakten zusammenzutragen und daraus ein Bild oder eine Interpretation zu stricken, hat sich zwar bereits in hohem Masse aus der vorgeprägten Konditionierung heraus gearbeitet, aber ihm bleibt das wirkliche, lichte Bewusstseinstor ebenfalls verschlossen. Solange er nur den menschlichen Verstand und die gewöhnliche Logik dazu verwendet, bleibt er von Täuschungen und Illusionen nicht verschont. Das gilt für alle Richtungen, egal ob sie die eine oder andere Sichtweise ehrlich vertreten. Man kann sie selbstverständlich auch unehrlich betreiben. Das tut man dann, wenn man weiss, dass man gewisse Geschichten („Narrative“) absichtlich in die Welt setzt, obwohl man weiss, dass man damit die Menschen täuscht. Beides gilt nicht für die oben angeführten Beispiele. Eine ehrliche Diskussion und ein gut geführter Dialog könnte im Spannungsfeld solcher Meinungen den Weg ebnen, der zur Wahrheit führt! Das wird bewusst vermieden. Und das ist das eigentlich Tragische in unserer Zeit!

Die Frage bleibt offen: Gibt es denn eine höhere Ebene als das Denken, die unmittelbarer an die Wahrheit herankommt? Aus meiner Erfahrung Ja! Sobald wir anfangen, uns aus dem normalen Denken beobachtend herauszuziehen, so dass wir den Strom und den Willensimpuls, also die Frage «woher kommt der Gedanke», mit Wachheit erkennen können, sind wir auf dieser Ebene angekommen, wenngleich noch immer auf einer unteren Stufe. Aber er ist notwendig als erster Schritt. Zwar haben wir keine Möglichkeit auf diese Weise zu unterscheiden, ob ein Dokument echt oder gefälscht ist. Aber wir können zumindest unsere eigene Wahrheit erkennen. Dieser Weg erst führt zur Freiheit. Rudolf Steiner hat diesen Weg gezeichnet in seinem Grundlagenwerk «Die Philosophie der Freiheit». Das Verlassen der reinen äusseren Faktenebene und das Einbeziehen der Motive von Handlungen und Taten, sind bereits ein wichtiger Schritt hin zum Erfassen der Wahrheit.

Bücher von Urs Weth: Lebendige Prozesse, Selbstbeobachtung als soziale Kernkompetenz, Die grosse Entscheidung gibt es bei Glomer und vielen anderen Onlineplattformen.

Meinungsautomaten

Die meisten Menschen in meinem Umfeld, haben keine eigene Meinung, wenn es um grosse politische Themen geht. Wenn man mit ihnen spricht, hat man das Gefühl, mit einem Automaten zu sprechen, der nur die Nachrichten des Mainstreams wiedergibt. Die Argumente sind dünn. Geht man mehr in die Tiefe, haben sie keine weiteren Begründungen, um ihr Narrativ zu stützen. Selbst die mir wohlwollend gesinnten, driften dann ab in allgemeine Floskeln wie «Schwurbelei» oder «Verschwörungstheorie», als Kompensation der Ratlosigkeit. Es sind Verteidigungswerkzeuge, die ins Leben gerufen wurden, um solche Diskussionen ins Abseits zu steuern. Man hat bei vielen Menschen das Gefühl, mit einem Radioempfänger zu sprechen. Selbst wenn man selbst nicht informiert ist was aktuell gerade läuft, nach einem solchen Gespräch weiss man, was die Staatsmedien darüber berichten. Diese Menschen sind sich dieser Tatsache nicht bewusst. Sie glauben natürlich, das seien ihre eigenen Gedanken. Das Erkennen, woher all die Einflüsterungen kommen, ist sehr schwierig und braucht ein hohes Mass an Selbstreflexion. Das wurde in anderen Artikeln eingehend thematisiert. Es ist schwierig, solche Gesprächspartner in wirkliche, tiefere Diskussionen zu verwickeln. Mit einem Radioempfänger lässt es sich nicht streiten!

Noch vor zehn Jahren war dies anders
Immerhin gab es damals, soweit ich mich erinnern kann, bei den meisten Themen immer mindestens zwei Meinungen. Es gab in jeder Sache, in den meisten Ländern noch so etwas, wie eine wirkliche Opposition. Dies scheint heute nicht mehr der Fall zu sein. Wer nicht Links ist, hat keine Lebensberechtigung. Die Staatsmeinung wird in den wichtigen globalen Themen reduziert auf eine einzige Meinung, nämlich die «richtige». Und die Richtige ist jene der Staatsmacht und einer globalen politischen Korrektheit. Die Oppositionen, oder das, was sich im entfernten noch so nennen könnte, passt sich oft dieser einen Meinung mehr oder weniger an. Oder wenn sie sich dagegenstellt, dann wird sie von den Medien und vom «Wahrheitsministerium» denunziert, schlecht geredet oder, tendenziell immer häufiger, sogar verboten.

Das selbstständige Denken ist anstrengend
Für die meisten Menschen ist es einfacher, die Informationen, wie in einem Trichter zu sammeln und dann ungefiltert wiederzugeben. Kritik am Staat und an der Politik, wie ich sie von linker Seite in den Siebzigern noch kannte, scheint mehr und mehr zu verstummen. Kritik wird als staatsfeindlich gesehen. Dabei wäre sie, wohl verstanden, ein gutes Instrument zur Regulierung von Übergriffen oder Fehlentwicklungen. Es kommt dabei nicht auf die Objektivität des Inhaltes an, sondern auf den Dialog, aus dem heraus die Dinge erst ins rechte Licht gerückt werden können. Eine solche Gesprächskultur müsste vom Staat erwünscht, ja sogar willkommen sein! Die Politiker sind vom Volk gewählte Diener und Verwalter des Volksvermögens. Es sind nicht die Besitzer!

Die Manipulation ist zu einem Herrschaftsinstrument geworden
Es werden Prämissen aufgestellt und so oft wiederholt, bis sie sich in die Köpfe der Bürger eingefressen haben. Dies geschieht visuell, auditiv oder über das geschriebene Wort. Durch die Autonomie der Medien und deren Besitzverhältnisse, ist es möglich geworden, über Nachrichtenagenturen, solche Prämissen standhaft und resolut in alle Welt zu tragen. Dazu kommt die Zensur als einem zweiten Instrument zur Beherrschung der Meinungshoheit. Die Konsumenten können sich zwar auch über das Internet anderweitig informieren. Diese Zugänge werden jedoch weitestgehend erschwert oder durch Zensur sogar verhindert.

Auf diese Weise werden Prämissen verbreitet
Beispiel: Prämisse eins «alle Russen sind böse» – Prämisse zwei «Putin ist ein Russe» – Und als Konklusion ein pseudologischer Schluss: «Also ist auch er böse und muss vernichtet werden». Die Menschen geben sich mit dieser Art von «Logik» zufrieden, ohne die Prämissen in Frage zu stellen. Dasselbe haben wir erlebt mit der Pandemie, die ja nach den Computer-Modellen enorm hohe Todeszahlen fordern sollte. Die Tests trugen dazu bei, die Kurven entsprechend gefährlich aussehen zu lassen, was ich ja bereits ausführlich in meinem Buch «Die grosse Entscheidung» ausgeführt habe. Angst und Panik wurde über drei Jahre hinweg geschürt, ohne dass eine Übersterblichkeit eingetreten wäre aufgrund des Virus.

Das alles sind die Auswirkungen eines übergeordneten Phänomens
Ohne die Manipulation der Massen könnten die Kräfte, die dahinterstehen, die Systemarchitekten gewissermassen, gar keine Erfolge erzielen. Sie erreichen ihre Ziele nur deswegen, weil das Bewusstsein der Massen manipulierbar (geworden?) ist. Dazu gibt es viele weitere Techniken, wie zum Beispiel das «Nudging», einer etwas abgemilderten Variante einer grossen Manipulation. Darauf soll aber in einem anderen Beitrag näher eingegangen werden.

Offenheit als Lebenskonzept

offenheitIch selbst bin selbstverständlich der offenste Mensch, den es gibt auf der Welt…  (…Hauptsache, die anderen sind gleicher Meinung wie ich…). Viele Menschen haben einen engen Blick. Wir haben es alle sicher schon öfter erfahren… Meistens sind es ja die anderen, die nicht so klar sehen. Dass wir offenbar die Neigung dazu haben, uns selbst diesbezüglich zu überschätzen oder selbst zu betrügen ist einer mit dem Alter zunehmenden Verengung der Hirnstrukturen zuzuschreiben. Mit Offenheit wird vor allem jenes Erlebnisfeld der persönlichen, individualisierten Meinung jedes Einzelnen angesprochen. Man nennt dies auch Meinungsfreiheit

Alles, was wir im Alltag sehen und erleben, betrachten wir immer durch die Brille des allgemeingültigen. Wir haben einen unheilbaren Drang zum Objektivismus, oder besser, zu einer „subjektiven Objektivierung“! Der besagte enge Blick ist jener der individuellen, persönlichen Erlebniswelt, die wir uns seit unserer Kindheit herangebildet und eingefleischt haben. In der Transaktionsanalyse von Eric Berne, wird dies auch „Eltern-Ich“ beziehungsweise „Kindheits-Ich“ genannt. Die Terminologie spielt aber keine Rolle. Ich könnte auch sagen, zwischen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen; „Teilselbsten“, wie es z.B. im Voice Dialog heisst usw., spielt sich unser bewusstes oder vielmehr halb bewusstes Leben ab.

Diese vorgebildete Welt der Werte und Urteile, die wir oft mit grossem Eifer daraus schaffen, werden aus den gemachten Erfahrungen und Erlebnissen, seit unserer Geburt*, gefestigt und behauptet. Aus diesen resultieren die Gedankenkonstrukte und Denkmodelle, die wir daraus schöpfen. Aus den Denkmodellen entstehen – gleichzeitig mit einer gewissen notwendigen inneren Stabilität – zugleich Einseitigkeiten und Verfestigungen in der emotionalen Struktur der eigenen Persönlichkeit. Die fördert nachhaltig, sowohl Krankheit als auch Krisis, in unserem Leben.

Der Kreislauf, welcher durch die pathologische Situation (…oder eben durch die Krise) entsteht, fixiert und zementiert die Vorstellungen wiederum zusätzlich und lockt exakt diejenigen Kräfte hervor, die wir gerne verhindern möchten, nämlich den ständigen Widerstand gegen die (vermeintlich „böse“) Umwelt (inklusive der Menschen darin und) um uns herum. Dieser Vorgang wiederholt sich spiralförmig bis ins hohe Alter oft so massiv, dass wir nur noch mit einer Demenz-Reaktion das totale Abgleiten in die Verhärtung verhindern können. Die Demenz ist dann sozusagen ein Schutzschild gegen den Schmerz, der aus dem Widerstand gegen die Verhärtungen gebildet wird!

Es gibt Menschen, die bereits so eingeschränkte Anschauungen und Wahrnehmungen haben, dass es kaum mehr möglich ist, über irgendein Thema widerstandslos mit anderen zu kommunizieren (mit Tieren ist es da einfacher…).
Das soll die folgende Skizze verdeutlichen: Dabei stellen die Dreiecke die Blickwinkel dar, ausgehend von einer Person A, B, C oder D:

dreieck

A hat einen festgefahrenen (engen) Blick über ein bestimmtes Thema. B hat einen etwas offeneren und immerhin grundsätzlich gleichgerichteten Blick über dasselbe Thema im Verhältnis zu A. Dennoch ergibt sich eine nur relativ kleine Überschneidungsfläche der Gedankenstrukturen beider, in der sie sich wiederfinden könn(t)en. Ausgangspunkt und Zukunftsperspektiven sind möglicherweise trotzdem wieder sehr unterschiedlich angelegt. A und B können sich gut miteinander unterhalten, solange sie sich in diesem gemeinsamen Raum (der Überschneidung) befinden. Kommunikation kann in dieser Weise sehr gut und sehr lange funktionieren, wenn beide dem anderen den jeweiligen Raum außerhalb des persönlichen Konzeptes (quasi wohlwollend) vollkommen überlassen und ihn nicht antasten (ok-ok-Situation). Geschieht das (wird also der Raum außerhalb dennoch angetastet…), dann gibt es zwingend Knatsch mit gröberen Folgen. Im Idealfall kann sich so (im Endeffekt, d.h. nach einer möglichen Schlägerei) der Blickwinkel beider etwas öffnen – und die Überschneidungsflächen grösser werden lassen (dazu braucht es zwingend – ich sag es einmal mehr, die Fähigkeit der Selbst-Reflexion)!
C hat im Vergleich zu A und B einen etwas grösseren Spielraum in dieser gewählten Thematik und vermag beide zu umfassen. Für A und B gilt C als offener und umgänglicher Typ und dieser wird bei beiden kaum anecken. Aus der Sicht von D wiederum sind aber sowohl A, wie auch B und C, eher Menschen mit einem eingeschränkten Blick (was ja objektiv gesehen auch stimmen könnte…). D vermag sogar alle drei mit seinem Blick zu umfassen und sie zu integrieren! Er ist für A, B und C vielleicht so etwas wie ein Eingeweihter…
Dennoch finden sich alle vier möglicherweise als „offene Menschen“. So relativiert sich die Sache mit der Offenheit beträchtlich, wenn man sie von außen sieht. Jeder möge sich selbst einmal aus dieser Perspektive betrachten und unter die Fittiche nehmen…

*Für alle spirituell denkenden LeserInnen: Ob sie auch aus einer Zeit davor (sprich Reinkarnation) angelegt sind, hat eigentlich keine Relevanz, weil die Grundlagen für unser Leben ja immer dieselben bleiben.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Gibt es ein Leben vor dem Geld?

GeldHaben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was der Mensch wäre, wenn es kein Geld gäbe? Oder wie die Gesellschaft aussehen würde, wenn es kein Geld gäbe? Oder wie Ihr Leben persönlich ohne Geld aussehen würde? Ohne Geld!? Das ist doch gar nicht möglich, werden Sie sagen! Geld wurde in unserer Gesellschaft im Lauf der letzten Jahrhunderte zu einer Lebensnotwendigkeit wie Wasser und Luft! Es gehört quasi zu den Grundelementen der Spezies homo sapiens.

Und trotzdem, das war nicht immer so! Man kennt ja alle die Formen wirtschaftlichen Zusammenlebens aus der Geschichte der Menschheit. Ist denn unser heutiges System, welches wir seit etwa 500 Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – pflegen, sakro sankt und unumstösslich? Wie sähe die Menschheit aus, wenn es kein Geld gäbe? Würden wir alle elendiglich zu Grunde gehen?

Gewiss, in einem System, wie wir es kennen, kann man unter Umständen tatsächlich nicht lange überleben, solange man dies als Einzelner tut. Zumindest würden Geldmittel aus anderen Quellen notwendig (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld etc.). Der Grund dafür ist die allgemeine Vernetzung, die uns schleichend vom globalen Geldsystem abhängig gemacht hat. Das Spinnennetz des finanziellen Verbundes befestigt alle Menschen mit einem unsichtbaren Band um ein gemeinsames Zentrum: der Bank. Die Matrazen haben definitiv ausgedient. Sobald jemand geboren wird, ist er kostenpflichtig! (Meist schon vorher…) Leben kostet immer Geld, auch wenn wir jetzt einmal von den Grundbedürfnissen absehen. Allein auf der Welt zu sein, kostet. Dies gilt zumindest für unsere westliche Kultur. Niemand kann sich aus diesem Verbund mehr ausklinken*.

Natürlich kann jeder Einzelne sich dem eingespielten Finanzkoloss verweigern und versuchen,  „geldlos“ zu leben. Es gibt gute Beispiele dafür und ich bewundere sie, einerseits. Andererseits aber wird selbst das immer auf Kosten anderer geschehen müssen. Das Problem ist damit nicht wirklich gelöst. Irgendjemand muss mir einen Schlafplatz geben, mich nähren, die Lebenskosten bezahlen und dergleichen. Ich kann Arbeit als Gegenleistung erbringen, dennoch bleibe ich immer mit der Kette des allgegenwärtigen Geldstromes verbunden. Ansonsten bewege ich mich schnell an der Grenze des Illegalen und werde bald strafrechtlich verfolgt. Arbeiten darf ich natürlich jederzeit, aber sobald ich Geld dafür bekomme, bin ich wieder im System verwoben und steuerpflichtig. Mindestens das zweite Glied bleibt im System eingebunden und übernimmt gewisse Kosten für mich (seien es Freunde, die Familie, das Sozialamt oder andere). Insofern bleibe ich ein „Parasit“ (sprich Abhängiger) des Systems: Keine Rede von Freiheit, bestenfalls im egoistischen Sinn.

Ich frage mich, wie man ein solch dicht vernetztes und global verankertes System überhaupt aushebeln könnte, sei dies durch andere Geldsysteme oder durch neue Handels- und Finanzstrukturen – und; gibt es nicht immer Gewinner und Verlierer dabei? Gibt es so etwas wie ein wirklich gerechtes und absolut bedingungsloses „System“ oder ist es nicht – wie immer – nicht system- sondern bewusstseinsbedingt? Gäbe es grundsätzlich Möglichkeiten globaler Veränderungen, die selbst die heilige Kuh Geld (oder doch zumindest das aktuelle Finanzsystem) in Frage stellen würden und die für alle Menschen gleichermassen ein Gewinn sein könnten? Die Frage ist deswegen so schwierig zu beantworten, weil die Umsetzung immer mit großen materiellen Verlusten gewisser Menschen verbunden bleibt. Jede Umsetzung generiert ihre Opfer, bei den Schmarotzern, die in grossem Stil in diesem System absahnen, ebenso, wie auf der anderen Seite bei den Parasiten, die damit ihre derzeitige Lebensgrundlage verlieren!

Es gibt wohl keine Jetztlösung – und schon gar keine, die eine so breite Akzeptanz fände, dass sie eine Chance zur Umsetzung bringt. Jede Veränderung eines Systems ist IMMER eine Bewusstseinsfrage! Es muss die Einsicht auf Gerechtigkeit in jedem Menschen (bei den Schmarotzern, wie bei den Parasiten) so stark sein, dass sie entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen, weil sie wissen, dass es – ganzheitlich betrachtet – letzlich wieder ein Gewinn für ALLE und für die allgemeine Lebensqualität bringen würde. Denn diese kann man nicht mit Geld kaufen…

Und das hiesse für den Einzelnen: Einsehen: „ich bin ein Schmarotzer“, oder „ich bin ein Parasit“, und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen… (Alle nicht davon Betroffenen haben dieses Bewusstsein ja schon, nur sind es bislang wohl viel zu wenige…). Jede nicht bewusstseinsbedingte Veränderung kann bestenfalls auf der Grundlage von Gesetzen beeinflusst werden. Aber Gesetze sind relativ, sie haben den Nachteil, dass sie nicht per se für alle einsichtig sein müssen, sondern nur für die Mehrheit (…und die „Mehrheit“ ist oft nicht einmal 1/4 der Bevölkerung, wenn sie denn überhaupt gefragt wird, wie es in der Schweiz noch der Fall ist…). Und wer wehrt sich gegen diese Gesetze? Die Betroffenen natürlich! Und wer sind in diesem Fall die Betroffenen? Die Mächtigen! Und wer hat letztlich das Sagen? Eben…

…der Kreis schliesst sich und die Welt dreht sich weiter um die Sonne wie vorher. Gelder werden in bankrotte, hochverschuldete Länder gepumpt (…und das sind nicht etwa die vermeintlich schwachen Staaten, sondern prominente wie die USA usw.), es wird gedruckt, was das Zeug hält und das System wird künstlich aufgepumpt; dies obwohl jeder Scolar mittlerweile weiss, dass es so nicht ewig weitergehen kann! Und warum tut man es denn trotzdem? Weil jeder noch einen Gewinn FÜR SICH SELBER abzwacken will. So quasi: Nach mir die Sintflut! Und diese Einzelnen werden mit Sicherheit auch Gewinne machen damit. Ob sie damit persönlich glücklicher sind, bezweifle ich. Der grösste Teil aber wird langfristig nur verlieren. Müssen wir es einfach ertragen? Können wir auf sogenannten „offiziellen“ Wegen (Gesetzesvorlagen, Abstimmungen etc.) überhaupt Erfolg haben? Ist die globale Finanzmacht (und mit ihr die Politik, die Wirtschaft) nicht immer am längeren Hebel? Und verschwenden wir unsere Energien nicht letztlich am falschen Ort?

„Kopfsache“ sagt man mittlerweile auch schon beim Fussball und im Sport. Was damit gemeint ist, ist jedem klar: Die Gedanken und Emotionen prägen unser Tun und Handeln, nicht umgekehrt. Und es nützt nichts, wenn ich der beste Dribbler der Welt bin und fit wie ein Ass, gleichzeitig aber beim Anblick von 50000 tobenden Fans im Stadion in die Hosen mache. Da helfen Gesetze zur Verhinderung der Angst auch nichts. Und es den Spielern bloss zu sagen, hilft ebensowenig. Das Beispiel macht deutlich, wie eng das Bewusstsein an die Emotionen – und damit an die Handlung, gebunden ist und wie fatal oder (je nach dem) auch fördernd es sich auf diese wiederum auswirken kann. Die Angst vor meinem persönlichen Verlust, der persönlichen Arbeit, meiner Familie, Ansehen, Status usw. verhindert letztlich jedes sozialere und menschenfreundlichere Modell für ein besseres wirtschaftliches System bisher noch immer erfolgreich… (und nicht etwa der Mangel an guten Ideen…)

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

*Ich bin offen für andere Hinweise! Hin und wieder gibt es auch durchaus interessante Artikel in der Zeitschrift Zeitpunkt… zum Thema Geld

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