Kunst kommt von Kopf

Moderne Kunst„Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgend etwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können“
(Christoph Schlingensief)

„Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen“
(J. W. Goethe)

Alle Jahr wieder – ist ART in Basel. Eine der renommiertesten, wenn nicht DIE Kunstmesse der Welt, ist seit gestern eröffnet. Zeit, sich wieder einmal mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Bilder der Werke gleichen sich immer, genauso wie die kuriosen Gestalten, die das Stadtbild Basels erfrischen. Solche und ähnliche Installationen und Performances überwiegen das Geschehen der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler. Manche inszenieren sich selbst als (nackte) Tatsache auf den Plätzen der Stadt. Zum Glück im Kontext der Kunst, ansonsten würden sie wohl schnell von den hiesigen Ordnungshütern abgeführt. Aber so finden das alle obercool. Sicher, das sind die Ausnahmen, denn das Überwiegende sind, zunehmend, und im weiteren Sinne aufgefasst, „Installationen“. Die Installation ist eine Zusammenstellung von möglichst alltäglichen Gegenständen in einem ungewöhnlichen Rahmen. 

Kunst kommt von Kopf. Denn das meiste, was heute auf dem Kunstmarkt produziert wird, ist Kopfsache. Das Herz hat längst ausgedient. Bestenfalls verweist man auf den Bauch, wenn man selber nicht genau weiss, woher die Gedanken stammen… Jedenfalls: Die ewig schwelgenden Softies „alter Kunst“ (was ist das?) sind out. Findet man Van Gogh oder Picasso noch sexy, schon wegen des Preises (im Sinne eines lukrativen Investments), so verstauben die Barlachs und Kollwitzes immer mehr in den Archiven der Traditionsgalerien. Fakt ist heute: die “gute, das heißt, die coole Idee“ ist das Alpha und das Omega im einstmals wonnevollen Garten der Lüste geworden. Ehrlich gesagt, ich verstehe es nicht. Ich weiß nicht, wo ich mir die Motivation herholen soll, um das alles mit dem nötigen Ernst zu konsumieren. Wie steht es mit dem Nahrungseffekt für meine nach Begeisterung und Rührung dürstende Seele? Dort liegen meine (zugegeben, hohen) Erwartungen, was den Kunstgenuss betrifft. Zumindest ist dies mein eigener Anspruch im Bemühen, selbst Kunst zu schaffen. Eine nachhaltige Wirkung, die mich nachhaltig aufbaut und mich während einigen Tagen erfüllt, vermisse ich! Es ist wie bei einem schlechten Film. Schon am Kinoausgang hat man den Inhalt vergessen. Zum Glück…

Ich fühle mich selbst als Künstler – genau wie jene „Installateure“ der „Moderne“. Traditionen nachzuhängen ist mir genauso ein Greuel wie jenen, ganz ehrlich! Ich suche als Künstler und als Mensch das Neue, genau wie sie! Nur, was ist das Neue? Ist das heute Dargebotene nicht längst schon wieder das Alte geworden? Welchen Kriterien unterliegt die Kunst oder ein so zu definierender neuer künstlerischer Impuls? Unterliegt sie/er überhaupt irgendwelchen Kriterien? Und wer bestimmt diese? Doch nur jeder Künstler selbst… in sich…? Nicht die Gesellschaft, nicht die Traditionen, nicht die Börsen, nicht die Moden und ebenso wenig die festen Vorstellungen unserer hyperaktiven Gehirne… Nieder mit allen „Ismen“, mit allen äußeren Faktoren und Reizen…

Seit Jahren versuche ich dem Geheimnis „Kunst“ und der Frage, inwiefern Kunst nährt, auf den Grund zu gehen. Doch Nahrung verstaubt, wenn sie nicht auch mein Herz erfasst! Sie gleicht dem Fast-Food, einer Wegwerfkultur mit schlechtem Nachgeschmack und Zahnfäulnis. Die Zähne zeigt der Künstler/ die Künstlerin höchstens dann, wenn er/sie wieder einmal „zum Denken anregen will“, oder einfach nur Aufregen will, aufregend sein will, wie jene Nackte auf dem Barfüsserplatz (…barfuss war sie allerdings nicht, denn dort war sinnigerweise das einzige Bekleidungsstück zu sehen); jedenfalls eine, die ihren Körper als Kunst verkauft. Eigentlich unverschämt, im wahrsten Sinn des Wortes. Nicht mal das Nacktsein, meine ich! Ich bin keineswegs prüde; Sondern, die „Ware Körper“ als Kunst zu verkaufen! Exhibitionismus folgt dem Expressionismus. All die Ismen füllen die Zeiten der Geschichte zuhauf mit Erklärungen aller Art. Und die werden tatsächlich gebraucht, um einen Anhaltspunkt des Wahrgenommenen zu bekommen. Da freut mich Schlingensiefs Gedanke zur Kunst! Ob er den zweiten Satz, den von Goethe, auch unterschreiben würde, ist gewiss fraglich.

Fazit: Ans Ziel komme ich mit meiner Frage wohl nie. Und eine befriedigende Antwort habe ich auch noch nie erhalten. Vielleicht ist gerade dies der „tiefere Sinn“ der Entwicklung in der Kunst der letzten hundert Jahre: eine Art Totalausfall allen Sinns, verbunden mit der Frage: „Wars das?“ – „Nach mir die Sintflut“…

[wysija_form id=“1“]

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Veröffentlicht von

weth

1956 in der Schweiz geboren; Autor, Bildhauer, Werklehrer, Architekt und früher einmal Hochbauzeichner und Maurer...

2 Gedanken zu „Kunst kommt von Kopf“

  1. …nun, was diesen „Installateuren“ der „Moderne gemeinsam ist, ist das gedankliche, verstandesmäßige Zerstückeln dieser Welt – es reicht vielleicht gerade zur Komik!
    s. hierzu auch:

    „Was der Verstand von den einzelnen Dingen entwirft, ist überhaupt das Unwirklichste, was es in der Welt gibt. Denn in der Weltenordnung gibt es kein Einzelnes für sich; alles ist im Zusammenhange und Flusse der Dinge notwendig begründet. Wer nicht das große Ganze im Auge hat und nur das Einzelne daran mißt, der kann nie die Wahrheit erkennen… R.Steiner
    ÜBER DAS KOMISCHE UND SEINEN ZUSAMMENHANG MIT KUNST UND LEBEN. Rudolf Steiner
    http://mikeondoor-news.de/ueber-das-komische-und-seinen-zusammenhang-mit-kunst-und-leben-rudolf-steiner/

    und zeitgemäßer, als man meint:

    GOETHE ALS VATER EINER NEUEN ÄSTHETIK / Rudolf Steiner
    http://mikeondoor-news.de/goethe-als-vater-einer-neuen-aesthetik-rudolf-steiner/

Kommentare sind geschlossen.

RSS
Follow by Email
LinkedIn
Share
%d Bloggern gefällt das: